Die Muskulatur

In der Skelettmuskulatur unterscheidet man Typ-I-Fasern und Typ-II-Fasern. Erstere sind besser für Ausdauerleistungen geeignet, da sie über einen längeren Zeitraum Arbeit verrichten können, ohne dabei stark zu ermüden. Ihr Wachstumspotential ist begrenzt. Bei den Typ-II-Fasern unterscheidet man weiter die Typ-IIa- sowie Typ-IIx-Fasern. Letztere können sich am schnellsten kontrahieren und besitzen das höchste Wachstumspotential aller Muskelfasern. Die Typ-IIa-Fasern nehmen eine gewisse Mittelstellung ein. Sie können sich vom Stoffwechselverhalten in Richtung der Typ-I-Fasern entwickeln, wenn sie oft und lange gleichmäßig in einem niedrigen Intensitätsbereich belastet werden (z.B. bei einem umfangreichen Ausdauertraining). Insgesamt besitzen die Typ-II-Fasern ein deutlich größeres Wachstumspotential als die Typ-I-Fasern.

Die Muskelvergrößerung geschieht beim Menschen in erster Linie durch Hypertrophievorgänge, eine eventuelle mögliche Hyperplasie beim Menschen wird seitens der Wissenschaft kritisch diskutiert.

Der Wachstumsreiz für die Muskulatur ist beim Menschen in erster Linie die mechanische Reizsetzung im Training. Die Sauerstoffnot unter Belastung mit resultierender Bildung freier Radikaler ist ein weniger wichtiger Faktor für Hypertrophieprozesse.

 

Hypertrophie:

Die eigentliche Muskelzelle (Muskelfaser) besitzt keine Teilungsfähigkeit mehr, was sie von anderen Zellen des Körpers unterscheidet, da zerstörte Zellen nicht ersetzt werden können müsste die Zelle absterben und der Muskel dünner werden.

Die Regenerationsmechanismen in der Muskelzelle laufen jedoch auf andere Art und Weise ab. Reparationsprozesse werden von so genannten Satellitenzellen initiiert und bewerkstelligt. Diese kleinen Zellen sitzen als „Ersatzzellen“ direkt unter der äußeren Hülle der Muskelzelle. Jede Muskelzelle hat unter ihrer Außenhaut einen großen Vorrat an Satellitenzellen. Kommt es nun zu einer Verletzung der Muskelzelle, so sterben einzelne Faserabschnitte ab (so genannte Nekrosen).

Eine Verletzung der Muskelzelle im Sinne eines Mikrotraumas kann prinzipiell auf zwei Arten entstehen:

- durch die mechanische Belastung der Muskelzelle, gesteuert durch die Höhe des Trainingsgewichtes

- durch Sauerstoffnot in der Muskelzelle durch ein Training bis zum Muskelversagen

Dabei gilt der Hypertrophiereiz durch die rein mechanische Belastung einer Muskelzelle als effektiver.

In die untergegangenen Bereiche wandern weiße Blutkörperchen ein, die den Zellabfall „eliminieren“ Außerdem werden bereits wenige Stunden nach der Traumatisierung der Muskelzelle in der Nähe der Mikroverletzung liegende Satellitenzellen aktiviert. Die aktivierten Satellitenzellen werden auch als Myoblasten bezeichnet und vermehren sich in den nächsten Tagen. Diese wandern in das verletzte Gebiet der Faser ein und fusionieren dort miteinander zu so genannten Myotuben. Diese Myotuben entwickeln sich dann nachfolgend unter Einfluss der den Muskel versorgenden Nerven zu einem Teil einer Muskelfaser, entsprechen dem abgestorbenen Teil der Muskelzelle. Damit erfolgt eine narbenfreie Regeneration des verletzten (mikrotraumatisierten) Muskelzellbereiches mit anschließender voller Leistungsfähigkeit der Muskelfaser.

Nachkommen der Satellitenzellen, die an solchen Regenerationsprozessen beteiligt sind, lassen sich wieder direkt unter der äußeren Hülle der Muskelzelle finden. Man geht heute davon aus, dass der Pool der verfügbaren Satellitenzellen ein Leben lang ausreicht und nur bei gewissen Muskelerkrankungen, die mit ständiger Schädigung und Degenerationsprozessen einhergeht irgendwann erschöpft ist.

 

Hyperplasie:

Im Gegensatz hierzu steht eine Hyperplasie für eine Vermehrung der Zellanzahl, sprich aus einer Zelle bilden sich zwei neue. Im Tierversuch nachgewiesen, steht der Nachweis beim Menschen, aus methodischen und ethischen Gründen, noch aus. Somit existieren aus Humanstudien nur indirekte Hinweise auf eine Hyperplasie. So zeigen einige Untersuchungen, dass Sportler mit deutlich vergrößerter Muskelmasse einer Muskelpartie in diesem Muskel eine höhere Anzahl an Muskelfasern aufweisen als Untrainierte, aber keine dickeren Fasern zeigen. Andere Studien zeigen wiederum gegenteilige Ergebnisse mit gleicher Zellenanzahl bei Trainierten und Untrainierten, aber dickere Fasern bei den Sportlern mit erhöhter Muskelmasse.

 

Superkompensation:

Eine Leistungsverbesserung erfolgt im Trainingsprozess als eine Reaktion auf erhöhte Anforderung des Organismus. Wie in der unteren Abbildung zu erkennen ist, kommt es nach einer Belastung zu einer vorübergehenden Abnahme der sportlichen Leistungsfähigkeit (Ermüdung). Durch eine nachfolgende Erholung (Trainingspause) regeneriert sich der Organismus und das Ausgangsniveau wird wieder erreicht. War der Trainingsreiz überschwellig, so kommt es im weiteren Verlauf der Erholungsphase zur so genannten Superkompensation, einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit über das Ausgangsniveau hinaus. Erfolgen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nach dem Training keine weiteren Trainingsbelastungen (zu lange Trainingspause), kommt es zu einer allmählichen Rückkehr zum Ausgangsniveau.

Im Idealfall müsste die nächste Trainingsbelastung am Punkt des höchsten Mehrausgleiches angesetzt werden. Eine solche Trainingsbelastung in optimaler zeitlicher Abfolge bewirkt theoretisch eine kontinuierliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit.

Werden neue Trainingsreize schon in der Phase der unvollständigen Erholung gesetzt (zu schnell aufeinander folgende Trainingsreize), kommt es zu einer Abnahme der sportlichen Leistungsfähigkeit und eventuell sogar längerfristig zu einer massiven Überbelastung.

Kritische Betrachtung des Superkompensationsmodells:

Das oben dargestellte Modell der Superkompensation ist nicht ganz unkritisch zu betrachten. Nach diesem Schema wäre theoretisch eine endlose, stetige Verbesserung der Leistungsfähigkeit möglich. Die Praxis zeigt jedoch, dass mit zunehmender Leistungsfähigkeit die Anpassungsprozesse immer kleiner werden und der Tranigsaufwand immer größer werden muss. Der Anstieg der Leistungsfähigkeit verläuft nicht linear, sondern parabelförmig.

Wie bereits erwähnt, werden durch Trainingsreize immer mehrere Organsysteme und biologische Strukturen beansprucht. Jede dieser Strukturen hat ihren eigenen typischen Verlauf der Superkompensation. Für die Praxis bedeutet dies, dass dieser eine Punkt der höchsten Leistungsverbesserung nicht existiert, sondern dass alle durch das Training beanspruchten biologischen Größen ihren eigenen Punkt der Superkompensation haben.

Trotz aller Kritik am Modell der Superkompensation ist dieses Schema dennoch geeignet, das Zustandekommen von Anpassungsprozessen theoretisch zu erklären.